Was sind Werte?
Ohne Werte kein kompetentes Handeln
Werte sind immer das Resultat von Bewertungsprozessen. Sie durchdringen unser gesamtes Leben und Handeln. Wir handeln fast immer – bewusst oder unbewusst – wertend. Werte, die wir verinnerlicht haben, schließen die Lücke zwischen Wissen und dem Handeln. Ohne Werte können wir nicht kompetent handeln, wäre der Mensch nur ein wissensgesteuerter Automat. Werte bilden die Kerne von Kompetenzen.
Werte auf den Punkt gebracht:
- Werte sind die treibende Kraft im Leben von Menschen
- Werte sind die Hintergründe für unser Handeln – sie bestimmen, wie wir handeln
- Werte zeigen uns den Weg, sind wie eine innere Kompassnadel
- Werte beeinflussen in hohem Maße unsere Motivation
- Werte schließen die Lücke zwischen Wissen und Handeln
Definition Werte
Werte sind Ordner, welche die individuell-psychische und die sozial-kooperativ-kommunikative menschliche Selbstorganisation des Handelns bestimmen oder zumindest stark beeinflussen.
Prof. Dr. John Erpenbeck und Prof. Dr. Werner Sauter, 2018
Warum sind Werte gerade heute und in Zukunft so bedeutsam?
Globalisierung und Digitalisierung führen bereits seit Jahren dazu, dass sich Mitarbeiter in allen Arten von Organisationen immer öfter mit völlig neuen, offenen und zum Teil unvorhersehbaren Entwicklungen konfrontiert sehen. Komplexe Situationen, die ihnen selbstorganisierte und eigenverantwortliche Entscheidungen und Handlungen abverlangen, für die es aber keine Routinen gibt.
„Der Konkurrenzkampf der Zukunft wird zunehmend als Kompetenzkampf geführt.“
U.S. Council on Competitiveness, Washington D.C.
Um diese von Unsicherheit geprägten Situationen souverän meistern zu können, benötigen Menschen Orientierung durch Werte. Werte fungieren als Ordner der Selbstorganisation und machen Handeln überhaupt erst möglich.
Die zukünftige Arbeitswelt wird eine Kompetenzwelt sein, in der Werte als Handlungsanker für selbstorganisierte Prozesse dienen. Deshalb kommt den Werten und dem Wertemanagement in Verbindung mit einem gezielten Kompetenzmanagement eine immer größere Bedeutung zu.
Zeitalter der Gesellschaftsorientierung
Nachdem sich Unternehmen in den vergangenen Jahren zunächst am Markt und dann am Kunden orientiert haben, befinden wir uns mittlerweile in einem Zeitalter der Gesellschaftsorientierung. Immer mehr Stakeholder interessieren sich im Rahmen ihrer Entscheidungen für das Wertefundament von Unternehmen. Das bedeutet, dass sich Unternehmen nicht mehr nur auf ihren direkten Marktpartner fokussieren können, sondern die Bedürfnisse der gesamten Gesellschaft berücksichtigen müssen.
Kunden fragen sich, ob das Unternehmen ethisch und moralisch korrekt agiert. Mitarbeiter fragen sich, ob die Werte des (potenziellen) Arbeitgebers zu ihren persönlichen Überzeugungen passen. Und auch bei Aktionären und Investoren spielen Nachhaltigkeitsfragen eine immer größere Rolle.
Der Druck auf Unternehmen, ihr Handeln und Wirken wertebasiert auszurichten, wächst von allen Seiten. Die Relevanz von Werten nimmt in Zukunft stark zu. Werte sind ein zentraler Wettbewerbsfaktor für das strategische Management und wirtschaftlichen Erfolg.
„Wirklich wertvoll werden Unternehmen auf Dauer nur mit inneren Werten, die allen Stakeholdern Orientierung geben und Vertrauen schaffen. Denn ein Unternehmen hat die Werte in der Welt, in der es attraktiv und erfolgreich sein kann.“
Norbert Winkeljohann, ehem. Sprecher der Geschäftsleitung von PwC Deutschland
Was ist Wertemanagement?
Werte als Wettbewerbsvorteil
Wertemanagement befasst sich mit der systematischen Definition, Messung, Entwicklung und Pflege von Werten, um sie für die Organisation nutzbar zu machen. Denn wenn die Werte einer Organisation optimal mit der Unternehmensstrategie abgestimmt sind, können sie Energien freisetzen, die notwendig sind, um die strategischen Unternehmensziele zu erreichen.
Es ist unerlässlich, dass die Werte zur Strategie passen. Voraussetzung für die Entwicklung eines Wertemanagements ist deshalb die Klarheit der strategischen Ausrichtung. Dann kann sich das Wertemanagement an den Zielen des Unternehmens ausrichten und als Treiber auf dem Weg der Zielerreichung fungieren.
Das Wertemanagement befasst sich unter anderem mit folgenden Fragen:
- Welche Werte hat unsere Organisation und sind das die Werte, die wir haben wollen?
- Welche Werte benötigen unsere Mitarbeiter, um ihr selbstorganisiertes Handeln ausrichten können?
- Wie können Werte erfasst, interpretiert und transparent gemacht werden?
- Wie kann das Wertemanagement gestaltet werden, um die gezielte Werteentwicklung auf allen Ebenen zu ermöglichen?
- Wie lässt sich der Wertekodex nach innen und außen kommunizieren?
Wertemanagement ist eine große Herausforderung für Organisationen, weil es nicht darum geht bloßes Wertewissen – also ausformulierte Regeln, Werte und Normen des individuellen und sozialen Handelns – weiterzugeben. Es geht vielmehr darum Werte fest zu verankern und dadurch zum Leben zu erwecken. Das gelingt ausschließlich durch Interiorisation – das Verinnerlichen von Werten durch Emotionen und Motivationen des eigenen Handelns.
Werte entscheiden über den Geschäftserfolg von Unternehmen. Sie zu managen gehört zu den zentralen Aufgaben der Unternehmensführung.
Definition Wertemanagement
Wertemanagement ist die aktive Gestaltung und Steuerung der gelebten Werte in einer Organisation. Es hat die Aufgabe Werte zu definieren, zu messen, zu entwickeln und zu pflegen, um sie für die Organisation nutzbar zu machen. Das Ergebnis erfolgreichen Wertemanagements ist eine gelebte Unternehmenskultur.
Wie lassen sich Werte aneignen (Werteaneignung) oder Wert entwickeln (Werteentwicklung)?
Werte lassen sich ebenso wenig lehren wie Kompetenzen. Bloß bekannte oder gelernte Werte sind keine gelebten und somit unwirksame Werte. Nur weil ein Kind die Zehn Gebote auswendig kann, heißt das nicht, dass es sie im Sinne von Normen und Regeln auch anwendet.
Es ist wie mit den Erfahrungen. Natürlich lassen sich Erfahrungen vermitteln – aber nur in Form von Wissen im engeren Sinne, von Kenntnis. Nicht von Erfahrung desjenigen, dem sie vermittelt werden sollen. Erfahrungen müssen durch eigenes geistiges oder gegenständliches Handeln selbst gewonnen werden und unmittelbar auf einzelne Erlebnisse zurückgehen.
Erfahrungen kann man nur selbst machen. Sie können nur selbsthandeln, selbstorganisiert gewonnen werden.
Auch Werte wirken nur, wenn ihre Sinnhaftigkeit im eigenen Handeln erlebt und emotional positiv gespeichertwird. Den Vorgang der Umwandlung von Regeln, Werten und Normen in eigene Emotionen und Motivationen bezeichnet man als Interiorisation oder Internalisation. Bloß gelernte, nicht interiorisierte Werte kann man lehren, abfragen, auswendig lernen und aufsagen. Auf das eigene freie Entscheiden und Handeln haben sie kaum Einfluss.
Werte können nur selbsthandeln, selbstorganisiert angeeignet werden.
Wertemanagement hat die Verankerung von Werten via Interiorisation zum Ziel. Dafür sind die eigenen Emotionen und Motivationen möglichst vieler Mitarbeiter erforderlich.
Was ist Unternehmenskultur?
“Culture eats strategy for breakfast”
Die Unternehmenskultur (Corporate Culture) basiert auf gelebten Werten, sozialen Normen und individuellen Einstellungen und Überzeugungen. Sie alle haben Einfluss darauf, wie die Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens entscheiden und handeln, wie sie sich verhalten und fühlen.
Jegliche Aktivität basiert auf der Unternehmenskultur
Jede Aktivität einer Organisation basiert auf ihrer Kultur und wir kulturell beeinflusst. Wie Entscheidungen getroffen werden, wie Führung gelebt wird, wie Beziehungen zu den Stakeholdern gestaltet und gepflegt werden – all das ist Resultat der Organisationskultur. Sie wirkt somit auf allen Ebenen des Unternehmens und seines Managements.
Ohne Unternehmenskultur ist es nicht – oder nur mit starken Wirkungsverlusten – möglich, Strategien im Unternehmen umzusetzen und strategische Ziele zu erreichen. Unternehmenskultur ist der begründende und bestimmende Faktor, um die Wirksamkeit strategischer Maßnahmen sicherzustellen. Sie hat höchste Priorität bei sämtlichen strategischen Entscheidungen und Maßnahmen.
Unternehmen, die ihre Kultur nicht kennen oder den Wert der Unternehmenskultur noch nicht erkannt haben, zeichnen sich durch ständiges strategisches Umsteuern aus. Das ist weitaus teurer und gefährlicher, also bei der Strategieplanung von Anfang an die Unternehmenskultur zu beachten.
Nicht Wünsche zählen, sondern die Realität
„Culture eats strategy for breakfast“ ist ein legendäres Zitat von Peter Drucker, das den enormen Einfluss der Unternehmenskultur auf den Punkt bringt. Visionen, Strategien und Ziele sind wertlos, wenn es keine Kultur gibt, die sie stützt.
Dabei kommt es nicht darauf an, welche Kultur sich die Chefetage wünscht oder für richtig hält. Kultur ist das, was Mensch selbst gestaltend hervorbringen, das was gedacht und gelebt wird. Sie ist das Gegenteil von Natur. Das heißt auch, dass eine Unternehmenskultur nicht gottgegeben ist, auch wenn jedes Unternehmen über eine Kultur verfügt, weil es letztlich aus Menschen besteht, die nach Werten handeln.
Das bedeutet nicht, dass man die Unternehmenskultur nicht formen und entwickeln kann. Dafür aber bedarf es der Implementierung eines Wertemanagements. Wertemanagement ist immer auch Kulturmanagement – und umgekehrt. Die Gesamtheit aller Werte eines Unternehmens formt die Unternehmenskultur.
Die Unternehmenskultur wird in einem Unternehmensleitbild formuliert und unter anderem mit seiner Hilfe nach innen und außen kommuniziert.
Kultur und Werteebenen
Konkretisiert werden Unternehmens- und Teamkultur letztendlich in den Handlungen, die sich aus den Werten der Mitarbeiter ableiten. Die Kultur zeigt sich sowohl in direkt erfahrbaren Kulturebenen (Artefakten), wie z.B. Strategien, Strukturen, Prozessen oder Führung, als auch in der unsichtbaren
Bedeutungsebene (Werte, unbewusste Handlungen).