Prof. Dr. Werner Sauter im Interview zum KODE® Brush Up 2019
Im Interview erklärt Prof. Dr. Werner Sauter, was eine Personal Learning Journey ist und was Sie als Teilnehmer an seinem Workshop beim KODE® Brush Up 2019 zu diesem Thema lernen werden. Außerdem verrät der Vorstand der WeQ Alliance, warum sich im Vorfeld bereits die Teilnahme am WeQ Dialog lohnt.
Herr Prof. Dr. Werner Sauter, beim diesjährigen KODE® Brush Up in Berlin leiten Sie den Workshop “Personal Learning Journey: Agile Werte- und Kompetenzentwicklung”. Was genau ist eine persönliche Lernreise?
Für die Antwort muss ich ein bisschen ausholen. Bisher war und ist das Corporate Learning durch fremdorganisierte Trainings und Lehrarrangements geprägt. Im Fokus standen bisher sehr stark der Wissensaufbau und der Aufbau von Fertigkeiten und Qualifikationen. Im Zuge der digitalen Transformation wird jedoch immer deutlicher, dass dieses Vorratslernen nicht mehr den Ansprüchen genügt, um die Mitarbeiter auf die zukünftigen Herausforderungen in der digitalen Transformation – die wir heute oftmals noch gar nicht kennen – vorzubereiten.
Das heißt, wir brauchen grundlegend veränderte Lernkonzeptionen, die sich von dieser Inhalts- und Fertigkeitsorientierung lösen. Stattdessen muss es eine Entwicklung hin zu Kompetenzen im Sinne der Handlungsfähigkeit geben. Also die Fähigkeit, offene Problemstellungen selbstorganisiert zu lösen zu können.
Damit ist ein Paradigmenwechsel des Lernens verbunden. Weil nämlich nicht mehr die Inhalte im Mittelpunkt stehen, sondern der Mensch als Ganzes. Er soll mit seinen ganzen Fähigkeiten, Denkweisen, Handlungsweisen und Werten entwickelt werden. Dafür brauchen wir erst einmal eine neue Form der Didaktik. Wir sprechen hier im Sinne von Rolf Arnold von der Ermöglichungsdidaktik.
Es geht also darum, selbstorganisierte Lernprozesse im Prozess der Arbeit zu ermöglichen. Und alles dafür zu tun, dass es dem Mitarbeiter gelingt, seinen selbstorganisierten Lernprozess erfolgreich zu gestalten. Deshalb sehen unsere kompetenzorientierten Lernarrangements schon heute so aus, dass wir mit einer Werte- und Kompetenzmessung auf Basis der Erfassung von Werten und Kompetenzen beginnen. Danach besprechen wir mit dem jeweiligen Mitarbeiter, in welchen Bereichen er sich besonders weiterentwickelten sollte. Also welche Werte und Kompetenzen er bei sich ganz gezielt aufbauen muss.
Das ist natürlich eine fundamentale Veränderung gegenüber dem bisherigen Lernsystem. Bisher hatten wir ein Curriculum, wo quasi für alle Mitarbeiter die gleichen Ziele vorgegeben wurden, obwohl jeder ganz unterschiedliche Erfahrungen gesammelt hat und ganz unterschiedlich lernt. Jetzt formuliert jeder Mitarbeiter seine Werte- und Kompetenzziele auf Basis der Werte- und Kompetenzmessung selbst und vereinbart dann in einem Entwicklungsgespräch mit seiner Führungskraft, in welchen Praxisaufgaben oder Praxisprojekten er diese Werte und Kompetenzen ganz gezielt und individuell aufbauen kann.
Welche Rolle spielt dabei das Thema Social Blended Learning, für das Sie als Experte gelten?
Wir haben die Erfahrung gesammelt, dass sich viele Mitarbeiter mit dem selbstorganisierten Lernen schwertun, weil sie natürlich ihr ganzes Leben fremdorganisierte Lehrkonzepte gewohnt sind. Das sind Lehrveranstaltungen, in die man sich reinsetzt und in denen einem immer eine andere Person, ein Trainer oder ein Dozent sagt, was man tun soll.
Deswegen haben wir eine Konzeption entwickelt, die wir als Social Blended Learning bezeichnen. Nachdem die individuelle Werte- und Zielformulierung stattgefunden hat, starten wir mit einem Kick-off. Dafür bringt jeder Teilnehmer das mit seiner Führungskraft vereinbarte Praxisprojekt mit. Der Kick-off dient einem ganz bestimmten Zweck: Nämlich sicherzustellen, dass das selbstorganisierte Lernen tatsächlich erfolgreich gestaltet wird.
Das heißt also, in diesem Kick-off tun wir alles, um eine hohe Verbindlichkeit zu schaffen. Wir stellen die Lernkonzeption vor und leiten daraus ab, was wir für Spielregeln einhalten müssen. Wir bilden Lernpartnerschaften, um das Co-Coaching zu ermöglichen. Außerdem bilden wir Lerngruppen. Und wir vereinbaren Projekttagebücher, die wir in der Runde wöchentlich zur Diskussion stellen. Die Lernpartner treffen sich einmal in der Woche, quasi in nach einem wöchentlichen Sprint, um gemeinsam ihre Problemstellungen zu erörtern und Lösungen zu entwickeln.
Was konkret können die Teilnehmer in Ihrem Workshop lernen und mit nach Hause bzw. an den Arbeitsplatz nehmen?
Wir haben den Workshop so konzipiert, dass wir uns mit den Teilnehmern möglichst auf Augenhöhe austauschen. Deswegen beschränken wir uns auf relativ kurze und knappe Input-Beispiel, mit denen wir den Ansatz des Social Blended Learnings erläutern. Im Anschluss hat jeder Teilnehmer über Reflexion und Diskussion die Möglichkeit, seine ganz eigene Lösungsskizze zu entwickeln, kritische Fragen zu stellen und von den Erfahrungen der anderen Workshop-Teilnehmer, die vielleicht schon Konzepte umgesetzt haben, zu profitieren.
Die Idee ist, dass jeder Teilnehmer nach Ende des Workshops eine eigene, relativ konkrete, aber aufgrund der Kürze der Zeit natürlich nur skizzenhafte Vorstellung davon hat, wie seine Lernkonzeption in der Zukunft aussehen könnte. Das ist eine Skizze, die jeder für sich mitnehmen und die er dann in seinem eigenen Umfeld vorstellen, diskutieren und natürlich auch weiterentwickeln kann.
Vor dem KODE® Brush Up findet am Donnerstag tagsüber im Allianz Forum am Pariser Platz erstmals der WeQ Dialog statt. Warum lohnt es sich, vor dem Brush Up am Dialog teilzunehmen?
Es lohnt sich deswegen, weil wir ein Format gewählt haben, bei dem Mitglieder der WeQ Alliance und die anderen Entrepreneure sich mit ihrem eigenen Erfahrungswissen, aber auch mit ihren eigenen Herausforderungen und Fragestellungen einbringen. Dort gehen wir noch grundsätzlicher an die personellen Zukunftsthemen heran.
An diesem Tag wollen wir den Teilnehmern die Gelegenheit geben, quasi ihre eigene Reise durch das Thema Werte und Kompetenzen zu beschreiten. Deshalb lautet unser Motto auch: Werte sind die Kerne von Kompetenzen. Bei jeder Kompetenzentwicklung werden Werte verinnerlicht und priorisiert. Und deswegen muss man Werte- und Kompetenzentwicklung immer zusammen betrachten.
Wir haben den WeQ Dialog bewusst so gestaltet, dass wir mit minimalen Inputs auskommen. Wir beschränken uns auf Inputs von zehn, maximal fünfzehn Minuten. Die Reise beginnt damit, dass wir erst einmal die Herausforderungen des Corporate Learning in der Zukunft beleuchten. Danach tauschen wir uns mit den Teilnehmern über ihre Fragen, Ideen, Erfahrungen und Vorstellungen zum zielorientierten Management und zum Veränderungsbedarf im Corporate Learning aus. Dabei bauen wir immer wieder eine Phase ein, wo wir innehalten und wo jeder quasi über seine eigenen Empfindungen und Gedanken nachdenken kann.
In zweiten Schritt kommt die Phase des Bewusstwerdens, wo wir dann gemeinsam darüber nachdenken, wie sich das Corporate Learning der Zukunft strategisch positionieren muss.
Nur zum Hintergrund: Wir kommen ja alle aus einer Personalentwicklung, die die Idee hat, dass eine zentrale Abteilung die Lernprozesse aller, vielleicht sogar tausender Mitarbeiter im Unternehmen von der Zentrale aus steuern könnte. Jeder, der sich mit Werte- und Kompetenzentwicklung beschäftigt, der weiß, dass diese Steuerung nur durch die Mitarbeiter selbst erfolgen kann. Da sind wir wieder beim Thema Ermöglichungsdidaktik, also Ermöglichungsrahmen schaffen. Die Veränderung des Corporate Learnings weg von der zentralistischen Personalentwicklung hin zu einem Werte- und Kompetenzmanagement.
In der Phase des Bewusstwerdens wollen wir die Ziele für das Corporate Learning ableiten und gemeinsam schon mal eine erste skizzenhafte Mission des Corporate Learnings in der Zukunft entwickeln.
Der Nachmittag steht dann unter dem Motto “Entfalten neuer Energien”. Da wollen wir dann gemeinsam darüber sprechen, was die Anforderungen und die Kriterien des zukünftigen Lernens sind. Wir steigen hier mit einer Round-Table-Diskussion ein, wo Experten erst einmal aus verschiedenen Blickwinkeln eine halbe Stunde zu diesem Thema sprechen. Danach sollen in einem kollaborativen Prozess auf Augenhöhe mit allen Teilnehmern erste Ansätze für das Lernen in der Zukunft gefunden werden. Wir werden hier konkrete Vorschläge einbringen, die die Teilnehmer dann auch in Folge des WeQ Dialogs im Rahmen der Collaborative Learning Journey weiterentwickeln können.
Natürlich stellen wir auch einen Vorschlag vor, wie man solche Veränderungsprozesse ganz konkret in Unternehmen gestalten kann, so dass am Ende jeder seine eigene Lösungsskizze für das Corporate Learning mitnehmen kann.
Welchen Beitrag leisten KODE® als Gründungsmitglied der WeQ Alliance und Sie ganz persönlich als Vorstandsmitglied zum WeQ Dialog?
Die KODE GmbH ist eines der wichtigsten Gründungsmitglieder, weil die WeQ Alliance sich als eine Gemeinschaft von Unternehmen versteht, die tatsächlich sinnorientiertes Management im Sinne der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen erreichen wollen. Wenn man sich das zum Ziel setzt, dann setzt das zwingend voraus, dass man Werte- und Kompetenzentwicklung in den Mittelpunkt stellt.
Beim sinnorientierten Management landet man ganz schnell beim Thema Werte. Und es gibt im Moment keinen anderen Anbieter, der das Thema Werte und Kompetenz so gut unterfüttert, wie es die KODE GmbH tut. Denn wenn ich Werte und Kompetenzen managen will, dann muss ich auch eine Vorstellung davon haben, wie denn überhaupt die Ist-Werte im Unternehmen sind und welche Werte und Kompetenzen die Mitarbeiter jetzt und in Zukunft benötigen. KODE® bietet dafür natürlich die bewährten Instrumente von KODE® über KODE® X bis hin zu KODE® W. Ein Werteangebot der WeQ Alliance nennt sich zum Beispiel Position Finder. Diesen Position Finder können wir nur anbieten, weil wir KODE® mit im Boot haben.
Meine Aufgabe als Vorstand besteht darin, für die WeQ Alliance Mitglieder zu gewinnen, die gemeinsamen Aktionen zu koordinieren und zu gestalten und die Initiative voranzubringen. Thematisch ist mein Schwerpunkt die gezielte Werte- und Kompetenzentwicklung, für die ich Konzepte entwickle und umsetze. Unsere Erfahrungen bringen wir natürlich auch in den WeQ Dialog ein.
Zum Abschluss möchte ich Sie um die Vervollständigung des folgenden Satzes bitten: Der KODE® Brush Up ist für mich …?
… eine hervorragende Gelegenheit, um mit Experten, Beratern aber auch Unternehmen aus dem KODE® Netzwerk ins Gespräch zu kommen und mich gemeinsam mit ihnen über weitere Entwicklungen, aber auch über Erfahrungen, Idee und Visionen im Kontext des Werte- und Kompetenzmanagements auszutauschen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Dieses Interview führte Matthias Koprek für KODE®.
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