Entwicklung eines Führungskräftefeedbacks bei ELW
Die Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden (ELW) sind das öffentlich-rechtliche Entsorgungsunternehmen der Stadt Wiesbaden. Über 850 Menschen aus 21 Nationen kümmern sich um die Sauberkeit der Landeshauptstadt, die fachgerechte Entsorgung von Abfällen sowie die Ableitung und Reinigung des Abwassers. Die unterschiedlichen Aufgaben der ELW werden von sechs verschiedenen Bereichen erledigt. Geleitet wird die ELW von ihrem Motto „Verantwortung für Umwelt, für Menschen, für Wiesbaden“.
Ausgangssituation und Zielsetzung
Bereits 2010 haben die Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden unternehmensweit ein Instrument zur Selbst- und Fremdeinschätzung eingeführt, das bei der Belegschaft jedoch auf wenig Akzeptanz stieß. Im Mittelpunkt standen weniger Kompetenzen als vielmehr Persönlichkeitseigenschaften. Während Führungskräfte die Selbst- und Fremdeinschätzung als lästige Pflicht empfanden, fürchteten einige der Mitarbeitenden, dass ehrliche Antworten auf einige der Fragen negative Konsequenzen nach sich ziehen könnten.
Da der Prozess zur Durchführung der Selbst- und Fremdeinschätzung nicht einheitlich geregelt war, waren Umsetzung, Anwendung und auch die Ergebnisse wenig zielführend und aussagekräftig. Die Personalentwicklung der ELW entschied sich deshalb, das Instrument zur Selbst- und Fremdeinschätzung kompetenzorientiert weiterzuentwickeln.
Als übergeordnetes Ziel wurde ein fundiertes Führungskräftefeedback definiert, das einen klaren Kompetenzfokus verfolgen soll. Dafür wurden folgende Anforderungen an das Führungskräftefeedback gestellt:
- Standortbestimmung: Die Führungskraft erhält Auskunft über mögliche Abweichungen zwischen Handeln und Wirkung
- Systematische Kompetenzentwicklung der Führungskräfte
- Führungsverhalten wird im Sinne der Führungsleitlinien gelebt
- Aufbau einer positiven Feedbackkultur: „Es gibt keine Fehler, nur Feedback“
- Führungskräfte gehen mit ihren Mitarbeitenden in den wertschätzenden Dialog
- Konsequente Ausrichtung an den Kompetenzen aus dem ELW-Kompetenzmodell und dem KODE® Kompetenzprofil
„Da wir uns ein Kompetenzmodell in der Personalentwicklung zu Grunde gelegt haben, lag es nahe, KODE® mit in das neu zu entwickelnde Instrument zur Selbst- und Fremdeinschätzung einfließen zu lassen.”
Jennifer Thurn, Personalentwicklerin bei den Entsorgungsbetrieben der Landeshauptstadt Wiesbaden
Lösung und Umsetzung mit KODE®
Aufgrund des Kompetenzfokus‘ lag es für die Projektverantwortlichen der ELW nahe, das KODE® Verfahren in die Entwicklung des neuen Führungskräftefeedbacks einfließen zu lassen. Ausgehend davon wurden im ersten Schritt die für die Führungskräfte der ELW zentralen Kompetenzen herausgearbeitet und in einem Fragenkatalog für die Selbst- und Fremdeinschätzung übersetzt. Auf diese Weise rückten insgesamt 14 zentrale Kompetenzen in den Fokus des Führungskräftefeedbacks.
Der so entstandene Fragebogen wird von den Führungskräften genutzt, um einerseits die Selbsteinschätzung durchzuführen. Die Mitarbeitenden im Team der Führungskraft erhalten einen sprachlich angepassten, aber inhaltlich identischen Fragenkatalog, mit dem die Fremdeinschätzung durchgeführt wird. Jede Kompetenz wird auf einer Skala von eins (nicht ausgeprägt) bis sechs (sehr stark ausgeprägt) eingeschätzt.
Erweiterung um Selbstreflexion der Führungskräfte
Neben der Fokussierung auf Kompetenzen statt Persönlichkeitseigenschaften der Führungskraft wurde das Führungskräftefeedback um einen Selbstreflexionsteil erweitert. Dabei geht es darum, dass sich die Führungskraft selbst ihrer wichtigsten Kompetenzen bewusst wird, Differenzen zwischen Selbstbild und Fremdbild erkennt sowie aktiv Entwicklungsfelder definiert, an die die Kompetenzentwicklung anknüpfen kann. Die Erkenntnisse der Selbstreflexion sind insbesondere auch Gegenstand der Feedback- und Entwicklungsgespräche mit dem eigenen Vorgesetzten.
Um ein aktuelles und realistisches Kompetenzbild der jeweiligen Führungskräfte zu erhalten, ist das Führungskräftefeedback jährlich, spätestens jedoch alle zwei Jahre durchzuführen. Dabei wird den Führungskräften eine zeitliche Nähe zu den Jahresgesprächen empfohlen, damit die Ergebnisse des Feedbacks in die Gespräche mit den Mitarbeitenden einbezogen werden können.
Prinzipiell gibt es drei Möglichkeiten zur Durchführung:
- Die Fragebögen werden von den Mitarbeitenden anonym ausgefüllt. Das schützt die Mitarbeitenden und führt zu ehrlicheren Feedbacks. Die Anonymisierung birgt jedoch die Gefahr, dass das Feedback zur „Abrechnung“ mit der Führungskraft genutzt wird.
- Die Fragebögen werden personifiziert ausgefüllt und vor den Jahresgesprächen abgegeben. So kann im Jahresgespräch darauf Bezug genommen werden.
- Die Ergebnisse der anonymisierten oder personalisierten Fragebögen werden um eine Selbsteinschätzung ergänzt und in einem Team-Jour-Fixe mit allen Teammitgliedern gemeinsam thematisiert.
Enge Begleitung durch Personalentwicklung
Eine wesentliche Neuerung beim Führungskräftefeedback ist, dass die Personalentwicklung das Team bei Bedarf bei jedem Prozessschritt begleitet. Das gilt sowohl für die Organisation und Durchführung des Feedbacks als auch für die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse sowie bei der Ableitung von Entwicklungspotenzialen und der Planung von konkreten Maßnahmen zur Kompetenzentwicklung.
So können die Teams beispielsweise zwei Kompetenzbereiche wählen, in denen die Selbstwahrnehmung und die Fremdeinschätzung (weit) voneinander abweichen. Zu diesen Kompetenzen kann ein Teamworkshop durchgeführt werden, der allen Beteiligten das Miteinander erleichtert, indem auf die gemeinsamen Werte und die individuelle Haltung dazu geschaut wird.
Nutzen und Erfolge
Unter Einbeziehung von KODE® konnte die ELW ein praxisorientiertes Führungstool entwickeln, das gezielt auf die Bedürfnisse des eigenen Betriebs ausgerichtet ist. Nach einer kurzen Pilotphase wurde das Führungskräftefeedback unternehmensweit ausgerollt. Die Resonanz der Führungskräfte war durchweg positiv. Vor allem deshalb, weil die Teams zum ersten Mal in die Zukunft schauten, statt in die Vergangenheit zu blicken. Statt sich mit den Schwächen der Vorgesetzten zu befassen, wurde der Fokus auf die Stärken gelegt.
Durch die Weiterentwicklung des bereits etablierten Führungstools waren die Führungskräfte mit der Art und Weise der Durchführung grundsätzlich vertraut und konnten ihren Rhythmus und Prozess beibehalten. Gleichzeitig hat sich jedoch die Qualität der Aussagekraft verbessert, indem durch das KODE® Verfahren objektiv messbare Kompetenzen in den Mittelpunkt gerückt sind. Führungskräftefeedbacks mit passenden Entwicklungsmaßnahmen flankiert. Der Erfolg der Kompetenzentwicklung kann durch die wiederkehrenden Messungen fundiert evaluiert werden. Das schafft nicht nur Akzeptanz, sondern auch Verbindlichkeit.
“Insgesamt ist durch die Überarbeitung des unbeliebten ‚Selbstbild/Fremdbild‘ ein völlig neues Instrument entstanden, welches perfekt in das Kompetenzprofil, die Anwendung von KODE® für neue Führungskräfte, KODE® zum Recruiting von schwierigen Positionen und KODE® für Kolleginnen und Kollegen mit beruflichem Wachstumspotenzial passt.”
Jennifer Thurn, Personalentwicklerin bei den Entsorgungsbetrieben der Landeshauptstadt Wiesbaden